Der junge Wiener Schriftsteller Stefan Zweig

zweig ... besuchte eine Kinovorstellung im französischen Tours. Es war im Frühjahr 1914.
Zunächst liefen die "Neuigkeiten aus aller Welt". Sobald der deutsche Kaiser Wilhelm II. auf der Leinwand erschien, brach im Saal Tumult aus. "Alles schrie uind pfiff", schrieb Zweig. "Die gutmütigen Leute von Tours, die doch nicht mehr wußten von Panik und Welt, als was in ihren Zeitungen stand, waren für eine Sekunde toll geworden." Zweig bekam Angst. "Es war nur eine Sekunde gewesen, aber doch eine, die mir zeigte, wie leicht es sein könnte, im Augenblick ernstlicher Krise die Völker hüben und drüben aufzureizen trotz allen Verständigungsversuchen.

Der Sprengstofffabrikant Alfred Nobel

alfred_nobel... sprach mit seiner Freundin, der Baronin Bertha von Suttner und Autorin von Die Waffen nieder. Von Suttner, eine Mitinitiatorin der europäischen Friedensbewegung hatte soeben am vierten internationalen Friedenskongress in Bern teilgenommen. Es war im August 1892.
"Meine Fabrikanten werden vielleicht dem Krieg noch früher ein Ende machen als Ihre Kongresse", sagte Alfred Nobel. "An dem Tag, da zwei Armeekorps sich gegenseitig in einer Sekunde werden vernichten können, werden wohl alle zivilisierten Nationen zurückschaudern und ihre Truppen verabschieden."

Winston Churchill, Englands erster Seelord

churchill... verhängte eine Seeblockade über Deutschland. "Die britische Blockade", schrieb Churchill später, "versetzte ganz Deutschland in einen Zustand, der dem einer belagerten Festung glich, und zielte eindeutig darauf ab, die gesamte Bevölkerung - Männer, Fauen und Kinder, Alte und Junge, Verwundete und Gesunde - durch Aushungern zur Unterwerfung zu zwingen." Es war das Jahr 1914.

Stefan Zweig

zweig... reiste an die Ostfront, um Originale aller Proklamationen der russischen Besatzer für das österreichische Kriegsarchiv zu sammeln. Es war im Frühjahr 1915.
Zweig bestieg einen Güterwagen in einem Lazarettzug. "Eine primitive Tragbahre stand neben der anderen", schrieb er, "und alle waren sie belegt mit stöhnenden, schwitzenden, todfahlen Menschen, die nach Luft röchelten in dem dicken Geruch von Exkrementen und Jodoform." Zwischen den Lebenden lagen schon etliche Tote. Der überlastete Arzt bat Zweig, ein paar Eimer Wasser zu holen. Er hatte kein Morphium und kein frisches Verbandszeug mehr, und sie waren noch 20 Stunden von Budapest entfernt.
Als Zweig nach Wien zurückkam, machte er sich daran, ein pazifistisches Stück zu verfassen: 'Jeremias'. "Ich hatte den Gegner erkannt, gegen den ich zu kämpfen hatte", schrieb er, "das falsche Heldentum, das lieber die anderen vorausschickt in Leiden und Tod, den billigen Optimismus der gewissenlosen Propheten, der politischen wie der militärischen, die, skrupellos den Sieg versprechend, die Schlächterei verlängern, und hinter ihnen den Chor, den sie sich mieteten, all diese 'Wortmacher des Krieges', wie Werfel sie angeprangert in seinem schönen Gedicht."

Jeanette Rankin aus Montana,

rankin... die erste Frau, die jeh ins amerikanische Repräsentantenhaus gewählt wurde, stimmte dagegen, Deutschland den Krieg zu erklären. Es war der 6. April 1917.
"Ich beugte mich über die Balustrade und beobachtete sie", erinnerte sich ihre Freundin Harriet Laidlaw von der Woman Suffrage Party. "Sie stand unter schrecklicher Anspannung." Fast alle führenden Frauenrechtlerinnen, einschließlich Laidlaw, erwarteten von ihr, dass sie mit Ja stimmte.
Als ihr Name aufgerufen wurde, trat Stille ein. "Ich stehe treu zu meinem Heimatland", sagte Rankin. "Aber ich kann nicht ja zum Krieg sagen. Ich stimme mit Nein." 50 weitere Mitglieder des Repräsentantenhauses stimmten mit ihr dagegen; 374 stimmten dafür. "Wenn eine Frau zum ersten Mal die Möglichkeit hat, nein zum Krieg zu sagen", erklärte sie später, "sollte sie dies meiner Meinung nach auch tun." Eine der Zeitungen des Bundesstaates, den sie vertrat, der 'Independent' aus Helena, bezeichnete sie als "Kaisers Dummchen, Mitglied der Hunnenarmee in den Vereinigten Staaten und eine Heulsuse".

Harry Emerson Fosdick, ein junger Pfarrer

Harry_Emerson_Fosdick... und Kriegsbefürworter, verfasste ein schmales Buch, das vom Christlichen Verein Junger Männer herausgegeben wurde.
Krieg bedeute nicht mehr Ritterlichkeit und Paraden, schrieb Pastor Fosdick. "Der Krieg wirft jetzt Bomben aus Flugzeugen und tötet Frauen und Kinder in ihren Betten; er schießt auf telefonischen Befehl, von irgendwo weit weg, wo unsichtbare Menschen abgeschlachtet werden." Der Krieg, schrieb er, bedeute "Männer, die ihr halbes Gesicht verloren haben, ihre Augen, ihre Gliedmaßen, ihren Verstand".
Fosdick beendete sein Buch mit einem Aufruf zum Eintritt in die Armee: "Dein Land braucht 'dich'", schrieb er. Es war im November 1917.

Meyer London, ein Sozialist

Meyer-London... im Repräsentantenhaus, verweigerte Präsident Wilson zweiter Kriegserklärung gegen Österreich-Ungarn die Zustimmung. Es war der 7. Dezember 1917.
"In sachen Krieg bin ich Abstinenzler", sagte London in seiner 15-minütigen Rede. "Davon rühre ich erst gar keinen Tropfen an."
Der Abgeordnete Walter Chandler trat auf London zu und stellte sich vor ihn, während er seine Gegenrede hielt.
"Wenn man das Blut eines Juden unter dem Mikroskop untersucht, soll man angeblich Teilchen des Talmud und des Alten Testaments darin herumschwimmen sehen", sagte der Kongressabgeordnete. "Wenn Sie das Blut eines typischen Deutschen oder Teutonen untersuchen, dann werden Sie Maschinengewehre und Granatsplitter und Bomben darin herumschwimmen sehen."
Für Chandler gab es nur eine Möglichkeit, mit den Teutonen umzugehen: "Kämpft gegen sie, bis ihr den ganzen Haufen erledigt habt."

Eleanor Roosevelt und ihr Mann Franklin D.,

Eleanor-and-Franklin-D-Roosevelt... zu der Zeit Unterstaatssekretär in der US-Marine, waren zu einer Gesellschaft zu Ehren des Finanziers Bernard Baruch geladen. "Ich muss auf die Party bei den Harris' gehen, obwohl ich lieber am Galgen baumeln würde, als mich dort blickenzulassen", schrieb Eleanor ihrer Schwiegermutter. "Fast alles Juden." Es war der 14. Januar 1918.

Ein Kriegsgefangener deutscher Offizier

Kriegsgefangener... sprach mit einem Reporter der 'New York Times'. Es war der 3. November 1918; Deutschland hatte bereits Verhandlungen über einen Waffenstillstand aufgenommen.
Der deutsche Offizier behauptete, seine Armee sei nicht geschlagen und hätte weiterkämpfen sollen. "Der Kaiser ist von Männern umgeben, die an die Niederlage glauben und sie herbeireden." Er nannte Politiker wie Philipp Scheidemann, einen führenden Sozialdemokraten.
Es kämen neue Panzer, bemerkte der gefangene Offizier, und zwischen den USA und Japan sei mit Krieg zu rechnen. "Eines Tages werden Japan und die Vereinigten Staaten ganz bestimmt zusammenstoßen", sagte er, "und dann könnten wir beide Seiten mit riesigen Mengen Material und Munition ausrüsten." Die Abtretung von Polen und Elsass-Lothringen, meinte der Offizier, werde soziale Umwälzungen zur Folge haben, den Zusammenbruch der deutschen Industrie und die Verelendung der Arbeiterschaft. "Unsere Feinde werden bekommen, was sie gewollt haben - die vollständige Vernichtung Deutschlands. Das ist dann ein Scheidemann'scher Friede."

Winston Churchill,

Churchill_young... mittlerweile Englands Kriegs- und Luftfahrtminister, erhob sich im Parlament, um über den Erfolg der Seeblockade zu sprechen. Es war der 3. März 1919. 4 Monate nach Unterzeichnung des Waffenstillstands, der den ersten Weltkrieg beendete.
"Wir setzen die Blockade mit aller Härte durch", sagte Churchill. "Es widerstrebt der britischen Nation zutiefst, nachdem die Kämpfe beendet sind, sich dieser Waffe des Aushungerns, die hauptsächlich Frauen und Kinder, Schwache und Arme trifft, auch nur einen Moment länger als nötig zu bedienen, um die gerechten Bedingungen zu sichern, für die wir gekämpft haben." Hunger und Unterernährung, erklärte der Kriegs- und Luftfahrtminister, hätten das Leben in Deutschland an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. "Jetzt ist es also an der Zeit, sich zu einigen."

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